A PORTRAIT OF THE ARTIST AS A FOUNTAIN
Danke für all die interessanten mails zu meinem bookish-Eintrag von letzter Woche. Das ist wirklich ein Wort, das einem durch den Kopf spuken kann. Und eines, das solch wunderbare Gedanken hervorruft wie die einer Klientin, die von Ihrem Empfinden schreibt, „dass bookish und bücherlich schöne Wörter und Zustände sind, denn gedankliche Verbindungen – in Büchern gebunden oder in Briefen verbrieft mitgeteilt – haben eben etwas Verbindendes, was ja im Gegensatz zu weltfremd und unsozial steht! So gesehen mag ich zwar auch keine Leseratte sein, denn die frisst möglicherweise alles Bücherliche, aber ein Bücherwurm – warum eigentlich nicht? Der frisst sich gründlich und stetig in den Lesestoff hinein, ist dabei ganz in Ruhe für sich – ein Genießer also. Schließen sich literarisch und sozial kompetent denn zwangsläufig aus?“
Eine ebenso provakative wie interessante Frage!
Würde man dazu eine statistische Erhebung machen, würde man natürlich besonders ‘bookishe‘ Leser*innen als Versuchskaninchen suchen. Und wer käme dafür besser infrage als Leser*innen des Jahrhundertromans Ulysses von James Joyce?
Ein Buch, das in dieser Woche besondere Aufmerksamkeit hatte, denn am Montag war der 16. Juni – der Tag, an welchem dieses 1000seitige Buch spielt. Dieses Jahr das 110. Jubiläumsjahr.
Der Tag, durch den wir den Protagonisten Leo Bloom und andere Figuren wie Simon Dedalus begleiten dürfen. Der Tag, der nicht nur in Irland gefeiert wird.
Ein skurriler, besonderer, extrem literarischer Tag: richtig bookish also.
Bookish Bloomsday denke ich… und Leo und Simon… und SCHWUPPS lande ich auf der website des mir unbekannten Simon Bookish (ein Pseudonym von Leo Chadburn), ein ganz offensichtlich faszinierender experimenteller Musiker.
Hier kann man die lyrics seiner songs lesen und ein Titel zieht mich sofort magisch an: Portrait of the artist as a fountain. Und schon ist er wieder da: Joyce. Denn dieser Titel ist natürlich eine Anspielung auf seinen Roman Porträt des Künstlers als Junger Mann.
Und während ich mir den song online anhöre (und er gefällt mir!) tauche ich in diese Vorstellung ein: dass Künstler*innen wie ein Brunnen sind.
Fountain: Brunnen und Springbrunnen ebenso wie eine Quelle und Ursprung. Ja!
Und dann gibt es ja noch den fountain pen: den Füllfederhalter.
Portrait of the writer as a fountain pen.
Die letzte Strophe lautet:
A portrait of the artist as a fountain
Wishes farewell to the clowns on the way
And he says, \“run from fear, fun from rear\“
Run from fear, fun from rear!
Wunderbar.
Auch dies eine Anspielung: auf eine Neon-Installation des Künstlers Bruce Nauman. Und im selben sprachspielerisch-witzigen wie gleichzeitig ernsthaften Geist von Ulysses verfasst.
Run from fear, fun from rear:
Mein Wunsch an uns alle. Für unser Schreiben und unser Leben!
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