BUY LOCAL
Eine Teilnehmerin meines Doris Lessing Buchclubs erzählte am Donnerstag, sie habe Lessings Buch „Mit leiser, persönliche Stimme“ bei Amazon für 3 Euro gekauft. Dieser Essayband – eine wunderbare Ergänzung zu den Romanen der Autorin – ist zur Zeit im Buchhandel vergriffen.
Schon sind wir mitten in einem Thema, das seit längerem die Buchbranche umtreibt: Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Buchhandlungen vor Ort aufgrund der immens großen Konkurrenz durch Amazon und andere Online Bookshops. Aus diesem Grund hat der Ravensburger Buchhändler Michael Riethmüller (RavensBuch) in dieser Woche eine bundesweite Kampagne angekündigt, „um Käufer für die Leistungen stationärer Händler zu sensibilisieren. Wir wollen deutlich machen, welche langfristigen Folgen das Einkaufen im Internet für die Situation in den Städten hat.“ Botschaft und Slogan lautet: „Buy local.“
Vermutlich assoziieren Sie mit „Buy local“ ebenso wie ich die Aufforderung, lokal/regional angebautem Obst und Gemüse den Vorzug zu geben. Nun also auch lokal angebotenen Büchern. Die Position der „realen“ Buchhandlungen kann man verstehen. Die Vorteile, die man bei Amazon hat, ebenfalls.
Fast die gesamten ersten Kommentare zur Kampagne drehen sich übrigens um einen einzigen Punkt: es wird heftig kritisiert, dass diese Kampagne einerseits den Lokal-Gedanken fördert, andererseits einen englischen Slogan verwendet. Dies widerspreche sich… und nicht jede „Oma“ würde dies verstehen, aber sie sei vielleicht auch nicht die Zielgruppe usw.
Ich halte die Schwarz-Weiß-Gegenüberstellung von Buchhandlung = gut, Internet = schlecht für viel zu eindimensional. Die Idee ist meines Erachtens, dass Kund*innen natürlich auch im Internet bestellen dürfen. Allerdings nicht bei Amazon, sondern über die Onlinebestellmöglichkeit der Buchhandlungen selbst.
Aber nicht alle Buchhandlungen bieten – aus verständlichen Gründen – diese Möglichkeit. Und selbst wenn: sie bieten keine gebrauchten Exemplare an und schicken die Bücher nur in den seltensten Fällen portofrei nach Hause.
Aber sind wir bei Obst und Gemüse nicht ebenfalls bereit, längere Wege und höhere Preise in Kauf zu nehmen, um mit einem guten Gefühl den Laden zu verlassen?
Hatten Sie schon einmal ein entsprechendes „gutes Gefühl“ nach dem Einkauf bei Ihrer lokalen Buchhandlung? Oder umgekehrt ein schlechtes Gewissen beim Amazon-Kauf?
Zurück zur Buchclub-Teilnehmerin: Nun frage ich mich, ob sie das Buch wohl in einer Buchhandlung kaufen wollte, erst dort erfahren hat, dass es vergriffen ist und deshalb bei Amazon bestellt hat? Oder wollte sie von vornherein im Online Bookshop bestellen?
Ich werde ihr gleich eine mail schicken und fragen. Ich hatte ihr sowieso versprochen, die Seite zu nennen, auf der solch interessante Sätze stehen wie „Wenn ein Schriftsteller Verantwortungsgefühl besitzt – als Mensch für andere Menschen, die er beeinflusst –, so muss er meiner Ansicht nach Humanist werden.“
So bin ich hier und heute einfach froh, dass sich dieses vergriffene Buch unkompliziert besorgen lässt. Ich habe es übrigens aus der Bruno-Lösche-Bibliothek, meiner Bibliothek vor Ort – „Borrow local“ sozusagen…
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