25. August 2025

BY A WOMAN

 … stand auf dem Cover der Erstveröffentlichung von 1813. Damals in der Regency Epoche hielt man den Roman, von dem hier die Rede sein soll, für typische Frauenliteratur (weil es um fünf Töchter geht, die heiraten sollen), gut geschrieben, aber keine hohe Kunst.

Ein paar Jahrzehnte später war man sicher, dass diese Woman ein Man war, denn eine Frau könne nicht mit so viel klarem Verstand und Ironie schreiben. Ein paar weitere Jahrzehnte später liebte Churchill diesen Roman so sehr (weil „so ordentlich gefügt“), dass er ihn als Erholungs- und Motivationslektüre fürs Gepäck seiner Soldaten auswählte, damit sie wissen, für welches Land sie kämpfen. Für viele Feministinnen war er literarische Stärkung für den Kampf um Gleichberechtigung (denn die Protagonistin weigert sich, einen Mann zu heiraten, den sie nicht liebt). Für viele andere ärgerlich und enttäuschend (denn am Ende heiratet sie doch). Den Kommunist*innen zu bürgerlich, den Bürgerlichen lange Zeit zu kritisch… In der Gegenwart angekommen gibt es seit einigen Jahren einen Social Media Hype um diesen Roman: er wird erneut als unbeschwerte Unterhaltungsliteratur für Frauen beworben und sogar als Mother of Chick Lit gefeiert. 

Mehr als 200 Jahre wechselhafte Rezeptionsgeschichte und mehr als 80 Verfilmungen in Holly- und Bollywood (inclusive Vampirversion) hat Jane Austens Roman Stolz und Vorurteil aktuell hinter sich und wird als Klassiker der Weltliteratur aufgrund seiner feinsinnigen Ironie, präzisen Gesellschaftskritik und scharfsinnigen Charakterstudien gefeiert. À propos Charakterstudien: es gibt jüngst einige Veröffentlichungen, welche den Protagonisten Fitzwilliam Darcy als typisch neurodivergent lesen. Und überhaupt seien viele Figuren in Austens Romanen dem Autismusspektrum zuzuordnen. Fazit: Jede Epoche hat ihre Themen und diese lassen sich wunderbar an der Rezeptionsgeschichte der richtig guten Romane ablesen. P.S.: Meine Lieblingsbearbeitung des Stoffes ist übrigens das amüsante Fotobüchlein „A Guinea Pig Pride & Prejudice“, für das die besten schauspielernden Meerschweinchen gewonnen werden konnten. Ihr seht eine Buchseite auf dem Foto. Im Hintergrund die Freilichtbühne der Kreuzgangspiele in Feuchtwangen, die in diesem Sommer Stolz und Vorteil inszeniert haben. Die Meerschweinchen wollten mal an die frische Luft.

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