IST LESEN SEXY?
Vorgestern Abend hat in meinem Mail-Account die originelle und humorvolle Nachricht einer Klientin bereits auf mich gewartet, als ich von meinem Buchclub und dem anschließenden Stil-Workshop nach Hause gekommen bin.
In meinem Kopf waren noch Überlegungen zur Virginia Woolf’schen Ausprägung des stream of consciousness. Dazu passend hatte sich im Workshop das variantenreiche Thema „Monolog“ in den Vordergrund gespült.
Die Mail machte mich auf meinen fehlenden Stoffbahn-Eintrag der letzten Woche aufmerksam. „Da sitzt man im Büro, das Wetter ist gruselig kalt und man will mal in einer ruhigen Pause mit einer Tasse Kaffee den neusten Blog von Dir lesen. Aber nix da!“ lese ich und überlege (in einem inneren Monolog) sofort, welcher nächste Eintrag dieser mail am besten gerecht werden könnte. Dabei blättere ich im aktuellen Diogenes Magazin und bleibe auf S. 16 hängen: einer Collage mit Fotos der lesenden Marilyn Monroe, dazu die Überschrift „Ist Lesen sexy?“
Das angeblich berühmteste Foto einer lesenden Frau zeigt Monroe, wie sie (im Badeanzug) Ulysses liest. Das Foto ist nicht gestellt, Monroe lernte fürs Strasberg Studio Molly Blooms Monolog auswendig. Sie liebe den Klang, sagte sie, und würde das Buch laut lesen, um es besser zu verstehen. Zum dritten Mal an diesem Tag begegnet mir also der stream of consciousness. Wie wunderbar, denke ich: Marilyn, die in ihrem Badeanzug im Joyce’schen Bewusstseinsstrom schwimmt.
(Und wenn ich daran denke, dass der nächste Roman von Woolf, den wir im Buchclub besprechen werden, „Die Wellen“ heißt, dann kann ich das kaum glauben.)
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