30. Januar 2022

POP UP 2022

Einen blogpost zum neuen Jahr hatte ich eigentlich für den 27. Dezember geplant. Anlass dafür war das Wort „Wellenbrecher“, das wenige Tage zuvor von der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wort des Jahres gekürt wurde. Ich musste sofort an das Zitat von Achtsamkeitstrainer Jon Kabat-Zinn denken: „Du kannst die Wellen nicht aufhalten, aber du kannst lernen, zu surfen.“

Von diesem Zitat aus waren meine Assoziationen nach Hawaii geflogen, dem Wellenreiten-Paradies. Und von da zu Agatha Christie, der Queen of Crime, die im Rahmen ihrer Weltreise, die sie in den 1920er Jahren gemeinsam mit ihrem Mann machte, einen Monat auf Hawaii lebte. Dort lernte sie am Waikiki Strand das Surfen und war die erste Britin, die jemals auf einem Surfbrett stand. In ihren Memoiren schrieb sie über dieses sogenannte Pop Up: „Das ist mein Triumph! Ich balancierte auf dem Brett und erreichte das Ufer! Jetzt kann ich mich als Surf-Expertin bezeichnen, zumindest unter den Europäern.“

Mein blogpost war beinahe fertig, als mich das Leben ganz unerwartet in eine Situation katapultierte, in der blogposts vollkommen unbedeutend sind. 

Jetzt ist ein Monat vergangen und ich kehre zu den Wellen zurück. Jon Kabat-Zinn geht heute Hand in Hand mit Thích Nhất Hạnh, dem beeindruckenden vietnamesischen Mönch, Schriftsteller und Lyriker, der das Konzept der Achtsamkeit gelebt und für die westliche Welt vermittelt hat und der vor wenigen Tagen gestorben ist. Viele seiner wunderbar symbolischen Bilder begleiten mich seit vielen Jahren. Eines davon ist die Vorstellung von uns Menschen als Wellen. Eine individuelle Welle kann traurig sein oder wütend oder sich einsam fühlen in ihrem individuellen Schmerz. Der Grund dafür ist, dass sie sich als Welle sieht, die getrennt ist von all den anderen Wellen. Sie hat vergessen, dass sie immer noch dasselbe Wasser ist wie alle anderen Wellen und genauso Teil des Ozeans wie alle anderen auch. 

Wellenbrecher: Wort des Jahres 2021. Für mich ist es eher ein Unwort. Denn es geht nicht darum, Wellen zu brechen. Es geht vielmehr darum, zu erfahren, dass wir selbst Wellen sind. Einzigartig in unserer Individualität und gleichzeitig verbunden mit allen anderen. 

So wünsche ich Ihnen und uns allen, dass wir in 2022 immer wieder diese Erfahrung machen dürfen, während wir wie Agatha Christie das Pop Up üben. 

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