WER DIE KRAFT HAT, EINE ESPRESSOTASSE ZU HEBEN
Als ich gestern beim Sortieren meiner Bücher in Haruki Murakamis „Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede“ blättere (die Kombination Sport und Schreiben fasziniert mich seit langem und Murakami hat in seinem sehr persönlichen Buch wirklich Interessantes über die Ähnlichkeiten beider Phänomene geschrieben). Als ich also in diesem Buch blättere und es dann – einem lieb gewonnenen Ritual von mir folgend – mit geschlossenen Augen an beliebiger Stelle aufschlage, um meinen literarischen Leitspruch des Tages, mein literarisches I Ging sozusagen, zu finden, ruft folgender Satz auf Seite 73 zu mir: „Wer die Kraft besitzt, eine Kaffeetasse zu heben, kann einen Roman schreiben.“
Ein Satz, der, wie ich finde, tatsächlich aus dem I Ging stammen könnte, das solch assoziationsreiche Formulierungen für uns bereit hält wie „Kraftvolle Festigkeit und Beharrlichkeit sind erforderlich“ oder „Was wahlverwandt ist im Innersten, das sucht einander.“
Dieser Satz von Murakami hat mich also offensichtlich gesucht. Also habe ich ihn beherzt ergriffen und mir erlaubt, statt eines Kaffees einen Espresso zuzubereiten und diese Zubereitung mittels einer La Pavoni-Espressomaschine und meiner Lieblings-Espressotasse aus dem Café a Brasileira in Lissabon in aller Ruhe zu zelebrieren, um anschließend mit diesem dickwandigen Tässchen an meiner aktuellen Kurzgeschichte weiterzuschreiben (und das Büchersortieren erst einmal zu beenden).
Denn wenn laut Murakami gilt, dass Jemand, der die Kraft hat, eine Kaffeetasse zu heben, auch die Kraft hat, einen Roman zu schreiben, dann gilt doch sicherlich auch: wer die Kraft hat, eine Espressotasse zu heben, hat auch die Kraft, eine Kurzgeschichte zu schreiben. Oder was meinen Sie?
P.S.: O.k., ich gebe es zu: ich habe vom Sportaspekt abgelenkt. Aber ich verspreche, dass ich – sobald ich diesen Blogbeitrag zu Ende geschrieben habe – eine Runde hier im Park laufen werde.
zurück