1. Oktober 2010

40: DIE INOFFIZIELLE ALTERSGRENZE

Wer sich mit einem Exposé an eine Agentur wendet, steht u.a. vor der Herausforderung, etwas über sich selbst preis zu geben, beispielsweise das Alter. Auch einige meiner (weiblichen) Klient*innen zögern, ihr – nicht mehr jugendliches – Alter zu nennen, weil sie sich davon Nachteile erwarten. Ernst zu nehmende Themen: Die Rolle, die für eine Agentur das Alter einer noch unbekannten Autorin spielt, die ihren ersten Roman veröffentlichen will sowie das Zusammenspiel von Alter, Vita, Genre, Zeitgeist, Werbestrategie etc.

Gerade hat sich auch Harald Martenstein in der ZEIT dieser Aspekte angenommen. Und wenngleich er das auf gewohnt locker-ironische Weise macht, so wird der Ernst der Lage doch deutlich, wenn er schreibt, dass in der Unterhaltungsliteratur ein Alter von 40 Jahren die „inoffizielle Altersgrenze“ zu sein scheint. Viele Bestsellerautorinnen verschweigen ihr Alter und sind auf Fotos als Dreißigjährige zu sehen. Umgekehrt sind im Klappentext genannte weit zurück liegende Geburtsjahre oft ein Indiz für so genannte echte Literatur.

Martenstein sagt zu Recht, dass Literatur eines der wenigen Gebiete sei, auf denen der alternde Mensch nicht zwangsläufig schwächer werde und selbstverständlich seien Lebenserfahrung und Abgeklärtheit von Vorteil, weswegen der Roman einer 50jährigen vermutlich gelungener sei als der einer 17jährigen. Dies ist ein Seitenhieb auf Helene Hegemann, deren strategischer Hype um ihren Bestseller „Axolotl Roadkill“ auch stark auf der Tatsache beruhte, dass sie erst 17 Jahre alt war.

Wenn Sie selbst schreiben und eher 50 als 17 Jahre alt sind: haben Sie ebenfalls schon einmal überlegt, bei Wettbewerben, Schreiben an Agenturen oder Verlage Ihr Alter zu verschweigen oder zu ändern?

P.S.: Nachdem ich Martensteins Artikel gelesen hatte, habe ich einen Ausflug in eine Bibliothek gemacht, um Bilderbücher für meine Workshops nächste Woche zu recherchieren. Dabei fiel mir das Sachbuch „Monster“ in die Hände, in denen Tiere beschrieben werden, die gruslig aussehen. Und welches ist das erste Tier? Richtig: ein Axolotl. Es beruhigte mich zu lesen, dass es sich um ein sehr altes Tier handelt…

zurück